Der Falter

War der letzte Gast gegangen,
und beim letzten Becher Wein,
zu mir selber zu gelangen,
saß ich in der Nacht allein.
   Leis vom Wind umronnen,
   der durchs Fenster drang,
   wie aus Glas gesponnen
   rieselte ein KLang.

Eine bange Weile schreckte
geisternd mich das Rätselding,
ehe ich den Spuk entdeckte:
hilflos einen Schmetterling.
   Daß er Süße nasche,
   durch den engen Schlund
   glitt er einer Flasche
   taumelnd auf den Grund.

Aller blinden Sehnsucht Irren
wurde schmerzlich mir bewußt,
sah ich ihn verzweifelt schwirren
im Gefängnis seiner Lust,
   bis ich seine Qualen
   länger nicht ertrug
   und den Hals, den schmalen,
   am Gesims zerschlug.

Fremder Falter, sieh, ein Wunder,
das uns fromme, ist geschehn !
Um Liguster und Holunder
schwärme frei dein Flügelwehn :
   Aber wenn ein neuer
   Irrflug dich betört,
   seis ein Flug ins Feuer,
   das dich rasch zerstört.

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