Mein Zimmer

Mein Zimmer ist mir liebster Ort auf Erden.
Ein jedes Ding ist heimlich und gedämpft
in diesem Raume, wo ein reiches Werden
im frohen Streit mit tausend Mühen kämpft.

Ein Nervenstoff scheint in der Luft zu zittern.
Wert ist mir jedes Blatt mit Fleck und Riß,
bedeckt mit Worten wie mit wirren Splittern
von einem jüngst zerstörten Hindernis.

Es drängt mich, Blüten viel um mich zu haben,
viel bunte Blüten : Selig bin ich krank

von euren Hauchen, die mich Träumer laben,
und unermessen schulde ich euch Dank.

Ihr seid der Seele meines Zimmers Schwestern,
die sich an meine Stirne zärtlich schmiegt,

wenn auf der Straße rohe Stimmen lästern
und schreckhaft eine Mottentörin fliegt..

Nun da im Haus die Unruh langer Läufe
ein Unbekannter wirbelt am Klavier,
o süße Seele meines Zimmers träufe
auf Herz und Hirn mir blaues Elixier !

1912 "Das Labyrinth"

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