Gespräch im Schutt

Auf einem Schuttplatz  wiesenmitten,
der Briefe Kästen zwei sich sahn.
Sie hatten beide stark gelitten,
und einer sprach den anderen an:

"Sag, Bruder du, sag mir, wielange
hingst du denn schon am Gartenzaun ?"
Dem klappt vom Wind sein Deckel bange:
"Will dir mein Schicksal anvertraun:

Schon als der Siedlung Erstparzellen
entstanden,hing ich farbenfrisch,
ließ Wald-und Feldwind mich durchschnellen
und war den Vögeln Futtertisch.

Vor mir im Sande spielten Kinder
und stimmten mich von Herzen froh,
doch wuchsen sie immer geschwinder,
und ihre Spiele wurden roh.

Am Wege türmten sich die Steine,
der Wald erstarb und rings umbaut,
schwand hin die Luft, die klare, reine,
der ich mich atmend anvertraut.

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Die Menschen auch im Gehn und Kommen,
bepackten mich mit Seelenlast.
Das hat mir alle Luft genommen,
mir ist die Farbe schnell verblaßt."

Der erste sprach: "An meiner Ecke
hing ich noch neu ohne Fleck.
Da riß zu meinem jähen Schrecke
ein Auto mich vom Nagel weg.

Den Aufschrei hörte ich der Kleinen,
die grade unter mir gespielt.
Dann lag sie leblos auf den Steinen,
die in der Hand die Puppe hielt."-

Sie sannen über ihre Dramen
und sprachen weiterhin kein Wort,
bis mit dem Fuhrwerk kamen
und karrten beide Kästen fort.

 

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