Christnacht

Heil`ge Nacht war`s und der Schneewind wehte
von den Bergen her in`s Dorf herein,

wo in der Kapelle beim Gebete
die Gemeinde saß im Christbaumschein.

Hör`nur, Wandrer, wie die Kerzen knistern
in dem weihrauchdufterfüllten Raum.
Alle Menschen sollen sich verschwistern,
selbst die Toten stehen auf im Traum.

Von dem Küster, an der Hand geleitet
tritt der blinde Pater zum Altar.
Zu dem Segen er die Hände breitet
über die ihm anvertraute Schar.

Worte voller Liebe, voll Verzeihen
formt sein Mund zum heiligen Choral.
Alle Herzen spüren das Gedeihen
bei der Seelen frommen Abendmahl.

Und der Wandrer tritt aus der Kapelle,
sieht das Dorf in Flocken eingehüllt,
fühlt beim Übergang des Hauses Schwelle
dass sein Wesen wieder neu erfüllt.

Feldkirch/Vorarlberg, 24.12.1945

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