Rehkalb im Schnee

nach  William Rose Benèt

Braunscheckiges Rehkalb,
der Geiß beraubt,
in blauen Schatten,
schneebestaubt,
bebt es verirrt
und weltallein,
lieblos umklirrt
von Edelstein.
Schwarztannen krachen,
eisig durchhaucht,
die Nadeln in schwachen
Goldglanz getaucht.

Braunscheckiges Rehkalb,
der Geiß beraubt,
bebt es und schaudert,
schneebestaubt.

Es reizt die Luft
den warmen Schlund,
es beizt der Frost
das Rehfell wund.
Braunaugen stehn
geöffnet weit,
die fast vergehn
vor Ängstlichkeit.

Vor Himmel blind,
wie Milchglas bleich,

umflockt der Wind
den Waldbereich.
Erdhügel verwandeln
sich nah und fern
in Schalen von Mandeln
mit bitterem Kern.

O Reh, mein Reh,
den Süden such !
Reiß auf den Schnee,
das kühle Tuch,
such grüne Zier
im Farbenglast,
der bunt zu dir,
du buntes, paßt.

Das zitternde Rehkalb
scharrt im Schnee
nach Sonne und Süden,
nach Gras und Klee.

In Winterbeschwerde
und Flockengewimmel
von glücklicher Erde
und warmen Himmel
träume dein Hoffen
im stöbernden Schnee,
die Augen weit offen,
träume, mein Reh ...

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